08.01.2018
Rentenbesteuerung
Warum müssen immer mehr Rentner Steuern zahlen?
In den letzten Jahren erhalten verstärkt Rentner Aufforderungen zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung oder gar geschätzte Steuerbescheide für mehrere Jahre.
Warum ist dies auf einmal so?
Die Besteuerung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung wurde ab 2005 grundlegend geändert. Während vorher rund 20% der Rente steuerpflichtig waren, ist seitdem ein vom Jahr des Rentenbeginns abhängiger %-Satz zu versteuern. Für Renten aus 2005 und früher beträgt dieser Satz 50% und steigt seitdem jährlich um 2% an. Im Jahr 2018 beträgt der steuerpflichtige Satz also bereits 76%, 24% sind steuerfrei – denkt man:
Der Gesetzgeber hat nämlich eine weitere Falle eingebaut: Die 24% werden vom Finanzamt auf die erste volle Jahresrente angewandt und dieser „steuerfreie Betrag“ dann für immer festgeschrieben. Er ändert sich nicht mehr, auch nicht bei Rentensteigerungen, d.h. diese sind immer voll steuerpflichtig.
Beispiel 1: Klaus erhält seit 2003 Rente, im Jahr 2005 betrug diese 20.000 Euro. Davon sind 50% steuerfrei = 10.000 Euro. Diesen Betrag schreibt das Finanzamt fest. Wenn die Rentensteigerung 2% betragen hätte, hätte Peter 2018 25.872 Euro Rente erhalten, steuerfrei wären aber immer noch nur 10.000 Euro, das heißt 15.364 Euro sind nun steuerpflichtig.
Beispiel 2: Jürgen geht 2018 in Rente, er erhält wie Klaus 25.872 Euro. Davon sind nur 24% oder 6.209 Euro steuerfrei, 19.663 muss er versteuern.
Wenn Klaus und Jürgen verheiratet sind, und ihre Ehefrauen keine eigenen Renten erhalten, kann es für beide noch gut ausgehen, weil der Grundfreibetrag 18.000 Euro beträgt (und die Krankenversicherung steuerlich abzugsfähig ist), aber bei Jürgen ist nur wenig Luft nach oben.
Eine weitere Falle ist, wenn der Ehegatte verstirbt. Dann wird der Grundfreibetrag im zweiten Jahr auf 9.000 Euro wie bei Ledigen halbiert und die Steuer schlägt zu. Auch eine Witwenrente von 60% wäre höher als der Steuerfreibetrag.
Das Finanzamt erhält von der Rentenversicherung die gezahlten Renten elektronisch übermittelt. In letzter Zeit häufen sich die Fälle, wo Rentner Bescheide für mehrere Jahre mit hohen Nachforderungen erhalten. Darin sind für länger zurückliegende Jahre auch die gesetzlichen Zinsen von 6% auf die Nachzahlung enthalten.
Ist das gerecht?
Nein, aber anders ungerecht als man denkt: Die Rentnergenerationen aus der Übergangszeit 2005 bis 2040 konnten die Rentenversicherungsbeiträge nicht voll von der Steuer absetzen (die Absetzbarkeit steigt auch in 2%-Schritten, d.h. Rentenversicherungsbeiträge 2018 sind zu 76% abzugsfähig, aber um den Arbeitgeberanteil gekürzt), während ab 2040 die Renten voll zu versteuern sind. Beiträge nicht absetzen, Leistungen versteuern – ungerecht.
Für Jahrgänge ab 2040 (Einzahlungsbeginn in die Rentenversicherung) ist das System wieder gerecht, eigene Beiträge zur Rentenversicherung können voll abgesetzt werden (in Jahren mit hohem Verdienst und hohen Steuersätzen), und im Alter muss bei niedrigeren Steuersätzen die Rente versteuert werden.
Das kann der Gesetzgeber doch nicht wollen!
Doch, tut er. Die alte Rentenbesteuerung war verfassungswidrig. Es war seinerzeit genial, das Verfahren mit solch einer langen Vorlaufzeit (2005 bis 2040) umzustellen, so hat die damalige Regierung den Ärger der Rentner und Beitragszahler nicht zu spüren gekriegt, weil diese es schlicht nicht gemerkt haben oder noch längst nicht in Rente waren. Erst durch die Besteuerung der Rentensteigerungen und die sinkenden steuerfreien Beträge kommt langsam Bewegung in die Sache. Aber auch die Nachfolgeregierungen hatten keinerlei Anpassungsbedarf gesehen.
Was tun?
Rentner sollten ihre Renten auf Steuerpflicht überprüfen und schlimmstenfalls eine Steuererklärung abgeben, so können sonstige Kosten geltend gemacht werden (Handwerkerleistungen etc.) und hohe Nachzahlungszinsen bei geschätzten Bescheiden des Finanzamtes werden vermieden. Den Betrag der eigenen Rente eines Jahres kann man sich von der Rentenversicherung zusenden lassen (wählen Sie auf der Seite der Online-Dienste der Deutschen Rentenversicherung den Punkt „Rentenbezugsmitteilung zur Vorlage beim Finanzamt“ aus, Versicherungsnummer und Namen eintragen und absenden).
Bei Fragen sprechen Sie mich gern an.